Zur Zeit der Krankheitsfeststellung hatte ich gerade eine Ausbildung zur Restaurantfachfrau angefangen.

Ich versuchte noch eine Zeit lang mich durchzukämpfen, doch jeder Schritt schmerzte und meine Finger ließen sich nicht mehr bewegen. So kam ich sehr schnell in die Rheumaklinik und anschließende Reha.

In dieser Zeit wurde mein Körper mir mit allen Wandlungen fremd und ich musste schweren Herzens mit meinem damaligen Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag machen. 

Fast zwei Jahre befand ich mich in der Arbeitsunfähigkeit, welche laut Arbeitsamt dann in die Frührente übergehen sollte.

Damit konnte ich mich nicht abfinden. Frührente mit knapp 20? Also suchten meine Familie und ich nach alternativen und kamen auf das Berufsbildungswerk (Abkürzung BBW). Dies ist eine Einrichtung für Menschen, welche wieder in das Arbeitsleben integriert werden müssen und dies nicht aus eigener Kraft schaffen. Hierbei ist es möglich als Pendler teilzunehmen, ich war allerdings in der Internatsunterbringung.

Dort startete ich 1 Jahr in ein Berufsvorbereitendes Jahr. Hier durfte ich schauen wo meine Grenzen liegen und was beruflich zu mir passte. Nicht Erkrankte können sich nicht vorstellen, wie schwer es ist mit seinem "neuen" Körper umgehen zu lernen. 

Am Ende des Jahres fiel der Eignungstest für Anwendungsentwicklerin positiv aus und ich fing dort eine Ausbildung als diese an. Doch der Test erwies sich als irreführend und der Beruf lag mir nicht. Dementsprechend entschied ich mich in eine andere Ausbildung zu gehen. Mein Ausbilder half mir eine Hospitation im Bereich Kauffrau für Büromanagement zu bekommen. Bei dieser merkte ich, dass dies die richtige Stelle für mich war. 

Es stand im Raum, dass ich gleich im zweiten Lehrjahr einsteigen sollte. Doch mein Wunsch war es, die Ausbildung komplett von vorne zu beginnen. Auch wenn ich den Stoff soweit gut nachgeholt bekam, wollte ich den Stress minimal halten. Und seien wir Mal ehrlich: Auf das Jahr kam es nun auch nicht mehr an.

Zusätzlich entschied ich für mich in eine virtuelle Ausbildung zu gehen. Als immunsuppremierte Person im Internat zu wohnen, war mir am Ende nicht möglich. Mehrere Male musste ich in dieser Zeit ins Krankenhaus und mein Körper wollte sich nicht beruhigen. Dementsprechend zog ich wieder in mein Elternhaus und begann dort meine Ausbildung.

Eine virtuelle Ausbildung ist dennoch eine reguläre Ausbildung. Ich habe die gleichen Arbeiten und auch dieselben Prüfungen geschrieben. Der Unterschied: Ich konnte meine Arbeitszeit etwas flexibler einteilen und die Prüfer kamen zu mir nach Hause. Zudem habe ich nicht das reguläre Ausbildungsgehalt bekommen, da es eine vom Arbeitsamt geförderte Maßnahme war.

Nach 6 Jahren Kampf, Wut, Verzweiflung, Hilflosigkeit und einigen Tränen habe ich es geschafft. Ich bin nun gelernte Kauffrau für Büromanagement mit einem Abschluss der Note 2 und verdammt stolz drauf. 

Direkt nach der Ausbildung habe ich die erst möglichste Stelle angenommen in einem Callcenter. Ich wollte keinen Leerlauf mehr im Lebenslauf haben und mich parallel nach einer besseren Stelle umschauen.

Diese hat mich dann gefunden. Vier Monat nach meiner Ausbildung schrieb mich ein Recruiter aus meiner jetzigen Arbeitsstelle an. Er könnte sich vorstellen, mich im Unternehmen zu haben. Die Vorstellung wurde innerhalb von zwei Wochen in die Tat umgesetzt.

Und nun bin ich hier. Angestellt im Backoffice in einer Personalentwicklungsfirma. Ich kann vorwiegend zuhause arbeiten und fahre ab und zu in die Firma. Mein Bereichsfeld ist der technische Support für unser Zeiterfassungssystem und Unterstützung in Rechnungsfragen. Zusätzlich habe ich mich innerhalb eines Jahres zu einer wertvollen und geschätzten Mitarbeiterin entwickelt. Ich helfe dabei Abteilungsinterne Strukturen zu verbessern und habe derzeit einen Kollegen in der Einarbeitung. Mein Team ist tolerant und geht so gut auf mich ein, dass ich mich nicht schämen muss auch Mal Aufgaben abgeben zu müssen.

Ich kann endlich sagen: Ich bin glücklich und angekommen.

 

Ich kann genauso viel Leisten wie ein gesund arbeitender Mensch, sogar mehr!

Neben der Arbeit muss ich meine Krankheit und das Leben damit managen.

Die Arzttermine mit Arbeitszeiten vereinbaren und darum kümmern dass wichtige Ecktermine wie die Pflegebegutachtung eingehalten werden.

Wir Erkrankten leisten so viel mehr, als von außenstehenden gesehen wird.

Also egal ob Teilzeit, Vollzeit oder Frühberentet: Wir zeigen eine Leistung, welche manche noch nicht mal in einem Jahr zusammenkratzen könnten.